Einige von euch kennen das sicher wie man früher auf die ersten Dual Prozessor Pentium Systeme schaute und dachte: „Die Kraft der zwei Herzen, der muss schnell sein“. In meiner damaligen Naivität habe ich unterschlagen, dass es dazu nicht nur ein dafür eingerichtetes Betriebssystem (z.B. WinNT 3.5 + SMP Patch), sondern auch darauf abgestimmte SW benötigte. Der Benefit war dann auch überschaubar und weit unterhalb der theoretischen +100%. Zumal gut getunte Standard-Systeme mit Win9x für meine Bedürfnisse (Spiele) spürbar schneller und vor allem kompatibler waren. Egal - ein System, bei dem mehrere Prozessoren auf dem Mainboard stecken, erhält ein ordentlichen „Dick-Waving-Bonus“ und steht sicher auf den meisten Wunschlisten.
Ich hatte zunächst überlegt, ein Dual-Pentium Pro System aufzubauen, der Urvater der heutigen Core i CPUs. Den PPro mit seinem internen Cache hatte ich 1995 auf der CeBIT gesehen, da hatte ich selbst noch einen 486er. Dieser Moment hinterließ einen tiefen Eindruck: der große, goldene Heatspreader, die rechteckige Bauform mit den unterschiedlichen Pinreihen für Cache und CPU Teil, und die zwei DICE – die bei dem Ausstellungsstück auf der CeBIT freigelegt waren.
Kurz bevor ich 2018 auf „Kaufen“ für das Set aus 2 PPro CPUs (200MHz) und passendem Board geklickt hatte, dachte ich nochmal über den Use-Case nach. Es musste natürlich ein Windows NT werden, für mich dann also Windows 2000. SMP-SW aus der Zeit habe ich nicht, also mal schauen, welche Spiele davon profitieren. Ok, die ersten Spiele, die von SMP (Symmetric Multi Processing) profitierten, basierten auf der Q3 Engine und kamen allesamt zw. 1999 und 2003 raus und profitierten je nach System zwischen 20-40% von der zusätzlichen CPU. Für die Q3 Engine, war dann der PPro und auch dessen Overdrives (Pentium II Xeon Derivat) immer noch grenzwertig „schnell“, zumal dessen Boards noch keinen AGP Port für die passende Grafikunterstützung hatten. Damit war ich im Gedanken schon beim Pentium II, der faktisch PPro mit „langsameren“ Cache und 16Bit Verbesserungen ist - auf einer Steckkarte. Das Gute am PII ist der Slot1 – ich stehe auf diese Slot-Cartridge CPUs. Mit Rücksicht auf 1999++ war der Schritt zum PIII (= PII + ISSE) nur noch obligatorisch. Also gut - der schnellste Slot1 PIII ist sie Version mit 1GHz und 133MHz FSB. Ja ich weiß, es gab einen 1,13GHz PIII, aber der wurde aufgrund eines HW-Bugs zurückgerufen und ersatzlos eingestellt.
Nachdem das feststand, stand ich vor dem nächsten Problem - 133MHz FSB und Slot1. Es gibt zwar CPUs, aber wenige attraktive Boards. Ich hatte mich damit abgefunden, auf die lange Suche nach zwei Exemplaren der seltenen und extrem teuren 1GHz PIII mit 100MHz FSB zu gehen. Basis sollte zunächst das Supermicro P6DBE werden. Die übliche Methode, beim 440BX den FSB zu übertakten, wollte ich nicht nutzen, zumal dies beim Supermicro auch nicht möglich ist.
Ein Dortmunder Händler hatte zufällig ein Los von NOS Ersatzboards für die Compaq AP550 Workstation. Kleine Folgeprobleme die sich damit ergaben: die CPU Slots liegen sehr eng beieinander (Kühlkörper-Thema), der Power-Anschluss ist proprietär (spezielles Netzteil), das BIOS meckert, wenn der proprietäre Lüfter nicht steckt. Glücklicher Weise hatte dieser Händler auch diese Teile (Netzteil, CPU+Kühlkörper, System-Lüfter und sogar den Lautsprecher), NOS im Portfolio. Den steckbaren Spannungswandler für die zweite CPU bekam ich nach einiger Suche ebenfalls von dort. Der Knaller an dem Board: Intel i840 Chipsatz - Dual CPU, FSB133, AGP4x, 100Mbit Intel Ethernet und Dual-Cannel-Rambus (max. 2GB). Das bringt den (fast noch authentischen) Pentium Pro ans Limit. Und für die jüngsten unter uns: Rambus – das ist der Speicher, der damals 10x teurer war, als SD-RAM, also mehr als 2500DM für 128MB. Doof für Intel, dass sie eine zeitlang keine Alternative für günstigen Speicher UND 133MHZ FSB hatten. Ich gönne mir für dieses System die vollen 2GB PC800 40ns ECC RDRAM. Das muss sein, denn sonst würde ich die Regel – jedes Folgesystem hat den vierfachen Speicher des Vorgängers – durchbrechen und mein Windows 98 System hatte 512MB. Glücklicherweise kostet RDRAM heute nur noch einen Bruchteil dessen, was man 2000 dafür anlegen musste. Damit steht die Basis meines Win2k Systems.
Mainboard der AP550
CPUs und Speicher
Das nächste Kernelement ist die Grafikkarte. Mit der 1GHz CPU bin ich bereits am Ende des Jahres 2000 im zeitlichen Kontext angekommen (im Dual CPU fähigen und sparsamen C0 Stepping war die CPU erst Ende 2000 verfügbar). Damit rückte das Grafikkarten-Portfolio des Jahres 2001 in die engere Betrachtung, was mich sehr erleichterte. Zum einen kann ich mich damit mehr von meinem Windows 98 System absetzen und zum anderen erzeugt die GeForce256 und deren Aufguss GeForce2 kein wirkliches „haben wollen“-Feeling bei mir.
2001 wurden die ersten Karten mit Pixelshadern nach DirectX 8 veröffentlicht, die GeForce3 und die Radeon 8500. Beides wirklich schöne Karten, mit viel Reserven für AA und AF auf einem schnellen PIII. Vor allem die Anisotrope Filterung (AF) finde ich optisch sehr ansprechend. Die Kantenglättung (AA) knabbert mir für den Effekt, den es bringt, zu sehr an den Frameraten. Endlich sind auch Features wie DXTC und EMBM flächendeckend integriert. Mit „aktuellen“ Treibern läuft die 8500 zur Höchstform auf und ist damit die schnellste und Feature-reichste Grafikkarte des Jahres 2001. Die 8500LE und die AIW Varianten mit TV-Tuner sind dabei mehr oder weniger herunter getaktete Varianten der 8500 bei vollem Feature-Set. Für meinen Dual-PIII wähle ich die „echte“ Radeon 8500 mit 275MHz für Core und RAM und endlich einem DVI-Port.
ATI Radeon 8500
Das Board hat einen integrierten Adaptec AIC-7892 U160 SCSI Controller, der natürlich für die SCSI Festplatte genutzt wird. Wie beim Win98 PC kommt hier eine NOS Seagate Cheetah mit 15k rein (die ist tatsächlich recht leise), aber diesmal noch etwas größer – 146GB. Leider gibt es nur einen SCSI Kanal auf dem Board, sodass weitere daran angeschlossene SE Laufwerke (wie DVD-Laufwerk, Jaz, oder entsprechende externe Laufwerke) die Festplatte massiv ausbremsen würden. Daher brauche ich einen weiteren SCSI Controller für die SE Laufwerke. Ein vorhandener alter Adaptec 2940 ist dafür genau richtig – das SCSI BIOS des 2940 muss hier deaktiviert werden, da das auf dem Board vorhandene SCSI BIOS führend ist.
Seagate Cheetah 15k.5 - passend: mit Branding für IBM eServer
Adaptec 2940
Die Hardware des System setzt sich wie folgt zusammen:
- Gehäuse: IBM eServer xSeries 206m
- Mainboard: Compaq AP550, i840, Dual Slot1, Onboard: U160 SCSI, Ethernet AP550 BIOS.zip
- Speicher: 4x 512MB 40ns PC800 ECC Dual Channel Rambus
- CPU: 2x Pentium III 1000B (SL4BS)
- Grafikkarte: Radeon 8500 64MB
- Soundkarte: Creative Audigy SB0160
- USB2-Controller: NEC (für Front USB)
- SCSI-Controller: Adaptec 2940 - nur für optisches und externe LW
- Festplatte: Seagate Cheetah 15K.5 (ST3146855LC), U320 SCSI, IBM Branding
- DVD-RAM: Panasonic LF-D291BK, SCSI, IBM Branding
- Floppy: 3,5“
Gehäuseansichten
Systemaufbau
Soundblaster Audigy (wichtig: mit Gameport!)
Die Installation gestaltete sich, im Gegensatz zu meinem Athlon System mit VIA Chipsatz, problemlos. Das mag zum einen am deutlich fortschrittlicheren Betriebssystem liegen, zum anderen aber auch am soliden Unterbau, dem Mainboard von Compaq.
Was bringt nun die zweite CPU? Erstmal muss ich sagen, dass sich das Betriebssystem sehr flüssig anfühlt. Es gibt keine obligatorischen Wartezeiten oder Hänger, wenn ich irgendetwas lade oder starte - abgesehen von Wartezeiten bei Zugriffen aufs Jaz oder dem optischen LW. Ich finde dieses Dual CPU System sehr angenehm - oder kurzum genial.
Das Spannendste nun zum Schluss. Was bringt die zweite CPU beim Zocken? Wie oben bereits beschrieben, betrifft es grundsätzlich nur die Spiele auf Basis der Q3 Engine von id. Die Aktivierung des SMP-Modus erfolgt mit dem Kommando „r_smp 1“ in der Konsole (Taste ^). Konkret sind es die folgenden Spiele:
- Quake III Arena (SMP läuft)
- Return to Castle Wolfenstein + Erweiterung (SMP läuft)
- Jedi Knight II (SMP stürzt ab)
- Medal of Honor Allied Assault + Erweiterungen (SMP stürzt ab)
- Voyager Elite Force + Erweiterung (SMP läuft)
- Voyager Elite Force II (SMP läuft)
Der Vorteil von SMP in Quake 3 (demo four) liegt für dieses System bei ca. 24%. Mit langsameren Prozessoren, kann der Vorteil höher liegen - es gab da mal einen Test von Anandtech. Die anderen genannten Spiele haben leider keinen Standard Benchmark. Ich gehe aber davon aus, dass sich diese in einem ähnlichen Rahmen bewegen.
Zum Schluss die Pinbelegung des Netzteilsteckers. Links ist die gewöhnliche ATX Belegung, rechts die des AP550 Netzteils. Vielleicht kann noch jemand die Fragezeichen aufklären.