Tipps zur Disketten-Haltbarkeit

  • Hey,


    ich war ja auf dem VCFe in Zürich. Mein Freund und ich haben uns den Vortrag von David Given (Erfinder des USB-Floppycontrollers FluxEngine) über Diskettenformate angeschaut. Es war ausgesprochen interessant und es war einiges dabei, was bei Usern vielleicht nicht allgemein bekannt ist. Zum Beispiel dies:


    Die Indexmarkierungen
    Soft-Sektorierte Disketten im MS-DOS-Format haben vor jedem Sektor (Nutzdatenbereich) eine Indexmarkierung. Die ist genau so auf der Diskette als Magnetinformationen gespeichert wie die Nutzdaten. Sie kündigt den Sektoranfang an und enthält die Sektornummer (Sektoren können daher in beliebiger Reihenfolge angeordnet sein). Also wirklich vor jedem Sektor, das macht 2880 Indexmarkierungen auf einer 1,44MB-Diskette. Fehlt eine Indexmarkierung, nimmt der Computer an, den theoretisch folgenden Sektor (512 Byte) gäbe es nicht. Ist die Indexmarkierung beschädigt, kann der folgende Datensektor nicht mehr mit normalen Mitteln gelesen werden, selbst falls die Nutzdaten vollkommen Intakt sind.


    Das Formatieren
    Disketten werden, anders als Festplatten, Low-Level-Formatiert. Bei "format c:" wird nur das Dateisystem der Festplatte neu angelegt, meistens sogar nur eine leere FAT und die Nutzdaten bleiben unangetastet. Bei Disketten dagegen werden mit "format a:/b:" wirklich die Indexmarkierungen und Sektoren in Spuren auf die frei beschreibbare Oberfläche aufgebracht und die Nutzdaten frisch mit Nullen gefüllt. Unter Unix-Systemen gibt es daher auch zwei verschiedene Programme für diese Aufgaben: "fdformat" für das Low-Level-Formatieren der Disketten und "mkfs.*" für das erstellen von Dateisystemen.


    Umgang mit schwacher Magnetisierung
    Disketten, die immer nur gelesen werden, müssen über viele Jahre hinweg ihre magnetischen Informationen behalten. Das kann schon nach 10 Jahren ein Problem sein, vielleicht auch erst nach 20, 30 oder 40 Jahren. Werden sie hingegen auch mal beschrieben, wird die Information an dieser Stelle frisch magnetisiert. Das ist natürlich von Vorteil für die Haltbarkeit. Bloß dumm, dass Indexmarkierungen nur ein einziges mal beim Formatieren aufgetragen werden! Und wenn man eine ab Fabrik vorformatierte Diskette verwendet, ohne sie erneut zu formatieren, ist man auf die eher schwachen, grob industriell aufgestempelten Indexmarkierungen angewiesen. Da hilft auch das frische Beschreiben nicht viel, denn siehe oben, unleserliche Indexmarkierungen führen auch zum Datenverlust.


    Disketten pflegen mit VGA-Copy
    VGA-Copy ist nicht ohne Grund ein sehr beliebtes Programm, weil es uns überhaupt erst ermöglicht, Disketten zu aufzufrischen! Wichtig ist nur, dass man ein gutes Diskettenlaufwerk verwendet, dass weder Mätzchen mit DD-Disketten macht noch "misaligned Heads" hat. Es muss bei euch als absolut zuverlässig gelten. Achtung: Alle 5,25"-HD-Laufwerke beschreiben DD-Disketten so aufgrund unterschiedlicher Spurbreite so, dass man sie danach nur noch in HD-Laufwerken lesen kann!


    Noch Vorweg, es gibt bei VGA-Copy folgende Optionen:

    • "Format" sorgt dafür, dass beim Schreiben nicht nur Nutzdaten in Sektoren, sondern auch die Indexmarkierungen neu aufgebracht werden. Sollte daher immer "On" sein.
    • "Verify" überprüft, ob der Vorgang erfolgreich war und sollte daher sowieso "On" sein.
    • "Modify" überschreibt beim Kopieren den Bootsektor mit dem von VGA-Copy. Also ACHTUNG!! Wenn wir nur die Disketten auffrischen wollen, möchten wir das Original behalten. Daher stellen wir das unbedingt auf "Off"!
    • "Retries" verwendet mehrere Anläufe beim Lesen UND Schreiben und kann so oft doch noch Disketten verwenden, wo DOS schon versagt. Es sollte daher z.B auf "3" stehen.. (Unter Unix wird das Tool "dd_rescue" benutzt.)

    VGA-Copy erstellt Abbilder (Images) von Disketten im XMS- bzw. VGA-Speicher.

    • Möchte man eine leere Diskette zum ersten mal benutzen, oder eine ehemals verwendete wieder neu benutzen, kann man eigentlich zu "format a:" von DOS greifen. Bei VGA-Copy erstellt man erst eine leere Diskette mit DOS-Dateisystem im Speicher, mit der Funktion "Form Fill". Hier bitte das Standardformat der Diskette auswählen, andere brauchen ggf. den VGA-Copy-Treiber ("vgaread.com") zum Lesen. ––> Das Ergebnis ist eine leere Diskette mit frischer Magnetisierung, die auf Nutzdaten wartet.
    • Was aber, wenn man die Daten unbedingt behalten möchte? Z.B. Software-Originaldisketten. Unter DOS müsste man die Dateien einzeln retten und hinterher wieder draufschreiben. Das verfälscht jedoch Bootsektor, Dateisystem und Dateiattribute der Diskette. Unter VGA-Copy verwenden wir daher ein 1:1-Abbild des Originals als Inhalt, das sofort nach dem Formatieren eines Sektors wieder draufgeschrieben wird. ;) Das Abbild wird mit "Read" erstellt und direkt danach wieder mit "Write" geschrieben. ––> Das Ergebnis ist eine unveränderte Diskette mit frischer Magnetisierung, die noch lange halten wird.
    • Bitte folglich nicht bei kopiergeschützten Disketten mit absichtlichen Fehlern verwenden! Hier gibt es Spezialprogramme wie Teledisk, die Defekte mitkopieren können. Hier ist im Prinzip dieselbe Prozedur wie oben möglich (Image erstellen und 1:1 neu schreiben). Ich weiß nicht, was VGA-Copy damit macht – zumindest sagte der Autor mal, dass nicht absichtlich versucht wird, den Kopierschutz mitzukopieren.
  • Das größte Problem bei Disketten ist das gleiche wie bei allen magnetischen Datenträgern: Die Chemie. Es gibt eine ganze Menge verschiedener Prozesse die über die Jahrzehnte probiert wurden und manche sind einfach schlecht. Da kann man leider nicht mehr viel machen.
    Bei Audiocassetten hört man die Schwachstellen der Magnetschicht in Form von Dropouts oder teils großen Pegelunterschieden, bei Disketten ist es der Datenverlust. Es gibt sicher Disketten die man mit frischen Indexmarkierungen retten kann, aber viele leider nicht.

    Compaq Deskpro 286n/12MHz - 1MB - 40MB HDD - 3,5" Floppy //
    Panatek 386DX33 - 80387 - 8MB - 504MB CF2IDE - 5.25" & 3,5" Floppy - SB Vibra - NIC - 512Kb VGA //
    486DX2-66 - 16MB - 4GB CF2IDE - 5,25" & 3,5" 2,88MB Floppy - DVD - SB Vibra - NIC - 1MB CL VLB VGA //
    Intel Pentium 233MMX - 64MB - 16GB CF2IDE - 3,5" Floppy - DVD - SB AWE64 - NIC - 3Dfx Voodoo Banshee//
    Intel Pentium III 600MHz - 256MB - 4GB CF2IDE - 3,5" Floppy - DVD - SB AWE64 - NIC - 3Dfx Voodoo 3 3000 //

  • Ich verwende 99 retries und für hatknäckige Fälle mehrere Laufwerke.
    Nebenbei:
    Da ich oft schon anderes gehört und gelesen habe: VGAcopy erstellt ganz normale Images die man mit nahezu jedem Programm verwenden kann - evtl. muss man eben die Dateiendung auf Bin, bzw. IMG ändern. Dann klappts auch z.b. mit Rawwrite.

    Von allen Dingen auf Erden ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt: Jeder glaubt, er hätte genug davon.

  • Das stimmt natürlich … diese Auffrischungsmethode funktioniert dann, wenn die vorhandenen magnetischen Muster durch Umwelteinflüsse und Alterung schwach geworden sind, also ein reines Datenproblem. Sie funktioniert aber erstaunlich oft, denn DOS meldet viel früher Probleme und bricht ab, als ein spezialisiertes Programm wie VGA-Copy. Es hilft auch, unterschiedliche Laufwerke auszuprobieren, da manche besser als andere mit schwachen Disketten klarkommen. Also nicht zu früh aufgeben. ^^


    Sobald dagegen die Magnetisierbarkeit der Oberfläche nicht mehr gegeben ist oder sich gar die Oberfläche auflöst, also ein Qualitätsproblem der Chemie, war es das mit der Funktion als Diskette.


    Darum erstelle ich bei Erhalt neuer Originaldatenträger immer zuerst Images von den Disketten oder CDs. Falls dann irgendwas passiert, kann ich die mit frischer Formatierung zurückschreiben. Oder als nächsten Schritt könnte man bei Disketten den Datenträger ersetzen (wie das einige von euch schon machen) und neu beschreiben.

  • Für CDs macht sich h2cdimage recht gut, es kann zwar keinen Kopierschutz (aka absichtliche Verletzung des Standards und damit genaugenommen nicht berechtigt das entsprechende Logo/Bezeichnung zu tragen) kann aber Teilimages erstellen die sich an anderen Rechnern/Laufwerken vervollständigen lassen... eine solche Funktion würde ich mir auch bei Disketten wünschen...


    PS. schade dass VGACopy irgendwie nur FAT macht :-/

    Von allen Dingen auf Erden ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt: Jeder glaubt, er hätte genug davon.

  • Vor ein paar Jahren habe ich mir aus einem funktionsunfähigen 5.25" Laufwerk eine Reinigungsstation für Floppies gebaut:

    Tatsächlich konnte ich so mit Isopropanol und Q-Tips einige alte Floppies reinigen und wieder brauchbar machen (zumindest zeitweise). Allerdings kann man sicherlich so auch die Oberfläche beschädigen, z.B. mit zu viel Druck oder den falschen Q-Tips (ich habe das Gefühl die neueren sind nicht mehr so weich wie früher). Ich nutze das alte Laufwerk aber auch um mir Floppies in Ruhe erst mal anzuschauen und auf Beschädigungen und Verunreinigungen der Oberfläche zu kontrollieren bevor ich diese in ein funktionsfähiges Laufwerk nutze.

  • VGA Copy brutzelt mir überall seinen MBR drauf, das will ich nicht :)


    Auch Norton Utilities können hilfreich sein, dort gibt es eine Funktion Revise Disk welche wohl Sektoren wieder magnetisiert.

    совок

  • VGA Copy brutzelt mir überall seinen MBR drauf, das will ich nicht

    Das kannst du abstellen. Modify Schalter auf off ;)


    Bei nicht-systemdisks find ich den VGAcopy MBR aber ganz nützlich.
    Kann zb. A und B vertauschen und vom anderen Floppy booten. Praktisch bei BIOS wo das nicht geht und man keine lust auf Kabel umstecken hat.

  • Keine Ahnung, ob das nun verpönt ist, aber dieses Video (und die anderen aus dieser Sammlung) dürften in diesem Zusammenhang interessant sein.

    Paläontologen helfen 8 inch Floppies von Anfang der 70er Jahre auszulesen, mit Daten paläoontologischer Grabungen und Fossilien in die heutige Zeit zu transferieren.

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    Ich versuche etwas ähnliches mit 360k 5.25" Floppies aus Anfang der 80er, die 2000 erneut beschrieben wurden. Bin aber wohl nicht so erfolgreich.

    Wenn gewünscht kann ich meine Erfahrungen hier oder an anderer Stelle näher ausführen. Habe auch einige Lowlevel-Tools etc. gefunden, neben OmniDisk und Image Disk.

  • Es geht ja um Grabungen, da habe ich diesen steinalten Thread ausgegraben ...
    Kann aber dauern, dass ich das hier(?) zusammenfasse.

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