Nachdem ich ihn bereits in einem anderen Beitrag kurz gezeigt habe, ein kleiner Bericht über einen PC, mit dem mich eine gewisse Haßliebe verbindet. Die Geschichte ist etwas länger, aber zu einem Hobby wie diesem gehört eine gewisse Sentimentalität für alte Hardware. Es muss etwas Geschichte dabei sein, um aufzuzeigen wie alles verbunden ist. Wie bei der ersten großen Liebe
Wir schreiben das Jahr 1993. Aus der Auflösung eines Steuerbüros brachte mir mein Vater den besagten Highscreen mit und stellte ihn mir zusammen mit Handbüchern hin. Bis dato hatte ich wenig über Computer gelernt, wusste allerdings, dass es interessante Spiele gibt (Commander Keen, Zool, Sokoban, Lemminge,...), die an anderen PCs bereits gespielt wurden.
Zunächst war die Enttäuschung recht groß: Das System war kaum ausgestattet, es war keine Maus vorhanden und zu meinem Leidwesen (*hass*) ein Monochrom-Monitor. Das erste Spiel, welches ich Wochen später bekam, war Lemmings 2 und Monkey Island (ohne Maus recht nutzlos). Dazu kam, dass nach einigen Wochen herumprobieren die Festplatte crashte (eine Kalok), wodurch der Rechner zunächst einmal in einer Werkstatt mit einer neuen Platte ausgestattet wurde (eine gebrauchte Kalok mit 100 MB).
Nachdem ich eine Maus besorgt hatte und mir mein Onkel erklärt hatte, wie ein Maustreiber installiert wird, kam die Sache nun in Schwung: Dune II, X-Wing, Wing Commander, diverse Adventures, Lotus III und eine Menge Shareware-Jump'n'Runs wie Duke Nukem und Duke Nukem II fanden Einzug auf den Highscreen. Dies war, wohlgemerkt, bereits 1995. Viele meiner Bekannten spielten bereits mit 486ern oder Pentiums unter SuperVGA, ich spiele Monochrom EGA und VGA-Spiele der großen Zeit. Zwar hatte ich viel Spaß, doch mit Wehmut blickte man auf all die Spiele, die man nicht spielen konnte.
Mitte 1996 kam das Ende meines 286ers: Die Kalok verabschiedete sich erneut, Seltsamkeiten tauchten auf.
Der 286er wurde zum Zombie: Ein 486er Board wurde eingebaut, es kam eine neues Festplatte. Hier endet fast unser Bericht, denn Board und Steckkarten des damals so "gehasste" 286er waren kurz davor, in den Müll zu wandern. Dennoch besann ich mich in meinem jugendlichen Überschwang (ich hatte Mitleid mit den Sachen, die mich so lange begleitet hatten) und steckte Board und Steckkarten in eine Kiste, die irgendwann in einer Garage landeten.
Nun, die Zeit verging. Mein Sockel 7 kam und ging (er lebt noch, keine Sorge), die Zeit des Athlon XP kam und ging, neue PCs kamen und gingen wieder. Windows 7 kam. Noch immer spielte ich häufig DOS-Spiele und erinnerte mich irgendwie gern an die Zeit mit meinem 286er und fragte mich häufig, wie es dem alten Brett all die Jahre in der Garage wohl ergangen sein mochte.
Anfang 2016 wühlte ich dann in den alten Kisten und würde fündig. Optisch gut erhalten (ich hatte alles gut eingepackt) war nur die Batterie auffällig. Diese war ausgelaufen, hatte jedoch glücklicherweise keine Leiterbahnen angegriffen. Lediglich Kristalle hatten sich an der Batterie gebildet und etwas Grünspan war hier und da zu sehen. Das Board wurde nun geflickt: Vorhandene Säure neutralisiert und zu guter Letzt ein neuer Akku eingelötet. Ein Gehäuse wurde ebenfalls beschafft, sowie diverse Notwendigkeiten, wie Diskettenlaufwerke, aus dem Fundus zusammengesucht.
Der erste Smoketest verlief enttäuschend. Kein Puff, kein Rauch, kein nichts. Das Board blieb stumm, kein Piepser oder POST. Nach etwas Frustration wurde methodisch das Board nach möglichen Grundfehlern geprüft. Tatsächlich fanden sich zwei Jumper, die nicht gesetzt waren (wohl abgefallen oder wurden 'geborgt'). Die Grundkonfiguration wurde hergestellt und erneut Strom gegeben: Mit einer Folge von Pieptönen meldete sich das Octek Fox II als lebendig zurück (und ein Jubelschrei meinerseits). Die VGA-Karte wurde eingebaut und ein Monitor angeschlossen.
Links nach Rechts: Erster Post, Erste Tests
Ermutigend. Nach fast 20 Jahren der erste Post. Fehlermeldungen wurden abgestellt und noch vorhandene Originalhardware (HDD-Controller, I/O-Karte) wieder integriert, ein Diskettenlaufwerk eingebaut und eine 330 MB-Festplatte besorgt.
Hier stand ich nun in gewisser Weise vor einem Dilemma. Sollte der Rechner so aufgebaut werden, wie er damals war? Oder so, wie ich ihn gerne gehabt hätte?
Die Entscheidung fiel auf letzters, auch um der Bequemlichkeit (es sollte schließlich ordentlich gespielt werden an dem Teil) wobei die Komponenten nach Möglichkeit der Zeit entsprechend gewählt wurden. Wie hätte ein später 286er aussehen können, der Mitte 91' als Restposten im Laden stehen könnte?
Board: Octek Fox II, Rev 3.2, Bios von November 1990
Grafik: Targa Win+, 1 MB (ET4000), Bios vom 29/04/91
Speicher: 4 MB, 70 ns
Multimedia: Soundblaster 16 (CT 2770), 1994
FDD: 1,2 MB / 1,44
HDD: 330 MB
Maus: Optische Lasermaus (ca. 96)
Keyboard: Cherry RS-6000 mit DIN-Stecker, ca. 95/96
System: Dos 6.22
Joystick: Microsoft Sidewinder
Ein Benchmark. Wenig überraschend, dies deckt sich mit den Ergebnissen aus Videos: Ein 386SX-16 wird schonmal plattgemacht.
Ein Kuriosum am Rande: Die Maus scheint nicht unerheblich Leistung zu kosten. Bei Bewegungen sinkt die Leistung um etwa 100-150 Dryhstones.
Das System wurde im September 2016 final zusammengesetzt und getestet, anschließend sämtliche Komponenten einer gründlichen Reinigungsaktion unterzogen. Feinheiten wurden erledigt (bessere Fixierung des Boards durch nicht leitende Schrauben und Abstandshalter ("Duncan-Mod"), Einbau des Festplattenrahmens, Hinzufügen des 1,2 MB Floppys), anschließende Installation von MS-Dos und Datentransfer mithilfe eines Gotek Floppy Adapters.
Zu Weihnachten wurde als Monitor ein BenQ (1280x1024, 5:4, 17') beschafft, um einen möglichst platzsparenden und kompakten Aufbau zu ermöglichen. Damit war das System zum ersten Mal seit 1996 wieder ein komplettes Setup.
Werfen wir nun noch einen Blick in das Innere, während der Aufbau / Reinigungsphase, sowie auf die Peripherie:
Von links nach rechts: Sidewinder, Fox II (gesäubert), Board mit neuer Batterie, Vollausbau (SB16, I/O, Targa Win+, FDD / HDD Controller), Impression Gesamtsystem, optische Maus
Bisher zeigt sich das System äußerst ansprechend. Spiele laufen mit guter Performance (zwar gelegentlich etwas langsam, aber dies war nicht unerwartet und fühlte sich echt an), jedoch bleibt alles spielbar.
Ein Playthrough von Wing Commander war so ohne weiteres möglich und hat mich für einige Stunden in die gute alte Zeit abtauchen lassen, eine Erinnerung an die vielen Stunden die ich mit diesem Computer verbracht habe.
Es war eine interessante Reise und es war schön mit anzusehen, wie aus einer Sammlung Platinenschrott ein meiner Meinung nach sehr schön abgerundetes System entstanden ist.
Überraschend war auch, dass keiner der vielen Tantals auf dem Board bisher Auffälligkeiten gezeigt hat. Hier könnten mich jedoch in Zukunft noch Überraschungen erwarten, ist man sich des Alters des Gerätes doch bewusst.
Perspektivisch soll später noch Windows 3.1 installiert werden, um dort die Möglichkeiten der ET4000 auszuloten. Ein MT-32 samt Karte wartet auch noch darauf, eingebaut und angeschlossen zu werden.
So long und vielen Dank fürs Lesen.
tl:dr: Hat Spaß gemacht, läuft!